In Deutschland wird eine flächendeckende Impfpflicht selbst für bestimmte Berufsgruppen noch abgelehnt. Die USA sind hier bereits einen Schritt weiter. Bereits vor einem Monat hatte Präsident Joe Biden eine weitreichende Verschärfung der Corona-Bestimmungen an den Arbeitsplätzen angekündigt. Alle Angestellten im Staatsdienst, im Gesundheitssektor und in Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten müssen entweder geimpft sein oder sich jede Woche testen lassen. Auf diese Weise will der Präsident die ins Stocken geratene Impfkampagne wieder beschleunigen. Doch von Seiten der Republikaner kommen Proteste und nun hat der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, jegliche Impfpflicht in seinem Bundesstaat für illegal erklärt. Ein weiters Kapitel der Politisierung der Pandemie.
Das Problem
Kurz nach seinem Amtsantritt am Anfang des Jahres hatte Joe Biden ein ambitioniertes Ziel der amerikanischen Impfkampagne formuliert. Bis zum amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli sollten 70 Prozent der Bevölkerung doppelt gegen das Coronavirus geimpft sein. Als Gegenleistung versprach der Präsident dafür die Aufhebung aller Corona-Bestimmungen nach jenem Tag. Zunächst sah es auch gut für dieses Ziel aus. Im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern nahm die amerikanische Impfkampagne schnell Fahrt auf, doch je näher der 4. Juli kam, desto deutlicher wurde es, dass dieses Ziel nicht erreicht werden würde. Letzten Endes waren am Unabhängigkeitstag nicht einmal 48 Prozent der Amerikaner doppelt gegen das Virus geimpft und mit dem Auftreten der Delta-Variante wurde ebenfalls klar, dass Regeln zur Eindämmung des Virus nicht aufgehoben werden konnten. Bis heute ist die Impfquote auf gerade einmal knapp über 57 Prozent angestiegen und liegt damit mittlerweile auch deutlich hinter vielen europäischen Staaten, die anfangs deutlich größere Schwierigkeiten bei ihrer Impfkampagne hatten als die USA.
Die Gegenmaßnahme
Um die 80 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner zu erreichen, die sich bisher nicht haben impfen lassen, will Präsident Biden nun den finanziellen Druck erhöhen. Dabei geht seine Maßnahme weit über die in Deutschland diskutierten Vorschläge hinaus. Sie soll nicht nur für alle Angestellten im medizinischen Sektor und alle Staatsbediensteten gelten, sondern zudem noch für alle Beschäftigen bei Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten. Damit würde diese Regelung fast 100 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit gut zwei Drittel aller Arbeitenden im Land betreffen. Da die Unternehmen selbst für die Tests aufkommen müssen, würde der Druck auf die noch ungeimpften Angestellten nur noch steigen und so würde das Land seinem Ziel, einer höheren Impfquote, wohl deutlich näherkommen. Doch wie auch in anderen Ländern gibt es Proteste gegen jegliche Art von Impfpflicht. In den USA haben die Gegner einer solchen Pflicht einen mächtigen Verbündeten: Die Republikanische Partei.
Der Kampf gegen die Impfpflicht
Die Republikaner haben während der gesamten Pandemie auf die Freiwilligkeit der meisten Coronamaßnahmen gesetzt. So gilt in vielen republikanisch geführten Bundesstaaten bereits seit Monaten keine allgemeine Maskenpflicht mehr. Eine Impfpflicht lehnen sie seit Beginn an kategorisch ab. So war der Protest groß, als Präsident Biden seine Impf- und Testpflicht für zwei Drittel der Beschäftigten ankündigte. Der texanische Gouverneur Greg Abbott gab kurz darauf bekannt, dass er jegliche Impfpflicht, egal ob vom Staat oder einzelnen Unternehmen auferlegt, verbieten wolle. Mit einem dies festlegenden Dekret kommt er der Implementierung von Bidens Regelung sogar noch zuvor. Mittlerweile haben fast alle Justizminister von republikanisch geführten Bundesstaaten einen Brief an Präsident Biden unterschrieben, in dem sie androhen rechtliche Schritte gegen die Impfpflicht des Präsidenten zu erheben. Die Impfpflicht steht also unter massivem Beschuss.
Wie geht es weiter?
Es gilt als sicher, dass beide Regelungen in den kommenden Wochen vor Gericht landen werden. Experten gehen aber davon aus, dass, wenn überhaupt, eher Biden Erfolg haben wird. Es wäre aber auch möglich, dass beide Regelungen zumindest in Teilen für illegal erklärt werden, denn ein Akteur ist in dieser Debatte noch vollkommen außen vor geblieben: Die Unternehmen selbst. Relativ sicher ist lediglich, dass die Impfpflicht für Angestellte des Staates und staatlicher Unternehmen gelten wird. Im Gesundheitssektor und bei den übrigen Unternehmen gilt es als nicht sicher, dass der Präsident die Macht hat, eine solche Regelung durchzusetzen. Noch schlechter sieht es allerdings für Abbotts Ansatz in Texas aus. Rechtsexperten geben an, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Gerichte eine solch weitreichende Regelung für jegliche Unternehmen zulassen werden. Am wahrscheinlichsten ist es also, dass Biden seine Impfpflicht zumindest in Teilen gegen den Widerstand der Republikaner bekommen wird. Andernfalls würde es an den Unternehmen selbst liegen, zu entscheiden, ob sich ihre Angestellten impfen oder testen lassen müssen. Ob das dann aber noch zu einem signifikanten Anstieg der Impfquote führen würde, ist allerdings mehr als fraglich.